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Rüdersdorfer Schach-Nachwuchs: Teamgeist als Erfolgsgeheimnis |
Rüdersdorf. "Bei uns gibt es keinen wichtigsten Spieler. Wir brauchen alle, dann können wir jeden schlagen." Ob Basketballer Jovo Stanojevic etwas vom Schach versteht? Jedenfalls bringt der Center von Alba Berlin das Erfolgsgeheimnis des Schach-Nachwuchses von Glück Auf Rüdersdorf auf den Punkt. Mit dem Gewinn von zwei Titeln bei den Deutschen Vereinsmannschaftsmeisterschaften ist die wahrhaft glanzvolle Bilanz des Vereins auf nunmehr sieben Goldmedaillen aufpoliert worden. Und ein Ende dieser Erfolgsserie scheint noch längst nicht in Sicht ...
Die jungen Damen der Altersklasse U 20 waren in Hamburg-Langenhorn als Vorjahrssieger natürlich Favorit. Aber bekanntlich ist es oft schwieriger, einen Titel zu verteidigen, als ihn zu holen. Mit Gastspielerin Olga Vaideslaver von Lok Brandenburg hatten die Rüdersdorferinnen jedoch einen wahren Glücksgriff getan: Die deutsche U-18-Meisterin von 2003 war für das Brett 1 jene erhoffte Verstärkung, die einerseits spielerisch voll überzeugte (4,5 Punkte aus sieben Runden bedeuteten das beste Einzelresultat), sich andererseits voll in den Dienst der Mannschaft stellte. So holte sie in der vorletzten Runde gegen Steffi Janotta vom SV Torgelow den entscheidenden vollen Punkt zum 2,5:1,5, worauf die Randberliner Schützlinge von Trainer Holger Borchers mit beruhigenden zwei Mannschaftszählern Vorsprung in den letzten Tag gehen konnten. Die Partie gegen den elftplatzierten SG Eckental war dann eigentlich nur noch Formsache. Beim 2,5:1,5 gewann übrigens Nadine Busse die zehnte ihrer insgesamt elf Partien bei den zurückliegenden beiden Meisterschaften!
"Es macht einfach Spaß, für den SV Glück Auf zu spielen, ein Teil des Erfolges des Vereins zu sein", sagte ein überglücklicher Kapitän Jennifer Sdunzik. Die Herzfelderin blieb bei ihren sechs Einsätzen übrigens ungeschlagen. Wie die Mannschaft: Zweimal 2:2 - gegen den SC Leipzig-Gohlis und den Hamburger SK - bedeuteten 12:2 Punkte, der SV Stuttgart-Wolfsbusch und die Leipzigerinnen folgten zwei Zähler dahinter.
Nicht nur am Rande erwähnt: Das siegreiche Quintett, zu dem noch Judith Hönecke und Thea-Lina Müller gehören, kann noch ein weiteres Jahr in dieser Besetzung spielen - und damit den Hattrick des SF Brackel einstellen, der von 2000 bis 2002 dreimal in Folge Deutscher Meister geworden war.
Ihren dritten Titel - allerdings mit Unterbrechungen - gewannen die Jungen der U 16: Nach dem Sieg im Jahre 2000 (damals noch als U 12), Silber, Gold und nochmals Silber waren die an Nummer 1 gesetzten Rüdersdorfer, dem Gesetz der Serie folgend, wieder dran. Und das Quartett um den deutschen Vizemeister Stefan Frübing aus Friedrichshagen saß dann auch in allen sechs Runden an den elektronischen Spitzen-Brettern, dank derer die Partien live im Internet zu verfolgen waren.
Einen Dämpfer gab es in der vierten Runde beim 2:2 gegen den späteren Vizemeister SC Baden-Oos. Und der hinterließ sichtlich Wirkung, denn gegen den Außenseiter SG Duisburg-Nord sah Trainer Jörg Pachow in der folgenden Runde nach drei Stunden Spielzeit ein 0:4 auf den Brettern und so fast alle Titelträume platzen. Doch seine Jungs behielten im entscheidenden Moment die Nerven, spielten ihre Partien einfach cleverer zu Ende und kamen tatsächlich noch zu einem wenn auch sehr glücklichen 2,5:1,5- Erfolg, der quasi die Vorentscheidung bedeutete. In der sechsten und letzten Begegnung - wegen starken Schneefalls im thüringischen Dittrichshütte und einem daraus resultierenden Stromausfall hatte das Turnier verkürzt werden müssen - wurde dann mit einem souveränen 3:1 über die SF Berghofen-Wambel der Titelgewinn perfekt gemacht.
Großen Anteil hatte mit dem Neuenhagener Alexander Wapenhans ausgerechnet der jüngste Spieler. Mit fünf Punkten gewann der 14-Jährige, der vor zwei Jahren bereits Gold in der U 12 geholt hatte, auch den Preis für das beste Resultat am vierten Brett. Als Einziger dieser in ihrer Altersklasse erfolgreichsten deutschen Mannschaft der zurückliegenden vier Jahre rückt er noch nicht in die U 20 auf.
Stefan Frübing hatte schon im Vorfeld darauf hingewiesen, wie wichtig jeder einzelne für den Erfolg sei. Ob er tatsächlich geahnt hatte, wie sehr er damit Recht behalten sollte? Denn praktisch in jeder Runde unterlief einem aus dem Quartett ein Patzer - in der Gewissheit, dass die anderen in die Bresche springen. So kam es auch nicht von ungefähr, dass der Kapitän sowie die beiden Erkneraner Nils Becker und Jacob Beißer an den Brettern 1 bis 3 jeweils 3,5 Punkte aufzuweisen hatten. Jovo Stanojevic lässt grüßen: "Wir brauchen alle, dann können wir jeden schlagen." So blieb der Titelträger unbesiegt (11:1 Pkt.), Baden-Oos und Duisburg-Nord folgten mit 9:3 Zählern.
In Dittrichshütte waren auch die U-14-Mädchen am Start. Sie mussten gegen vier der besten fünf Mannschaften der Setzliste spielen - und taten dies mit beachtlichem Erfolg, wie das 2:2 gegen den späteren Meister SK König Plauen (wobei sogar ein 3:1 möglich) und das knappe 1,5:2,5 gegen Bronzemedaillengewinner ESV Delitzsch zeigten. Im Mittelpunkt dieser letzteren Begegnung stand Maria Geise. In einem unglaublich kämpferischen Endspiel verpasste die mit acht Jahren jüngste Teilnehmerin aller 20 Mannschaften nach fast fünf Stunden Spielzeit einen studienartigen Gewinn, den aber auch viele Zuschauer an dem dicht umlagerten vierten Brett nicht gesehen haben. Ein wenig fehlte es der Mannschaft am Teamgeist der Älteren, sonst wäre noch mehr als 6:6 Punkte und Platz 8 drin gewesen. Plauen (10:2 Pkt.) siegte vor dem SC Schwabmünchen und Delitzsch (je 9:3).
Bleiben die Jungs der U 12. Sie wollten in Verden um eine Medaillen mitspielen, aber auch für den erfolgreichsten Schachverein Deutschlands gehen nicht alle Träume in Erfüllung. Zwar überzeugten die Spitzenbretter Oliver Mihok und Christian Belger, die 11,5 der 16 Brettpunkte holten, doch das Trio Martin Wapenhans, Alexander Teltewskoi, Jan Heider steuerte nur ganze 4,5 Zähler aus 14 Partien bei - zu wenig. So blieb es bei 7:7-Mannschaftspunkten und dem etwas enttäuschenden achten Platz. Den Titel holten die Hamburger (14:0).
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Freitag, 07. Januar 2005 (18:01) |
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