"Wir machen Schritt zum Profi-Schach"

Anstoßen auf den Erfolg: Magdalena Kludacz, Ivonne Röhl,
Anne Higgelke, Franziska Hippe, Dagmar Köhn, Steffi Janotta,
Trainer Norbert Bauer, Karin Haack und
Sylwia Romaszko (von links) spielen nun in der Eliteliga
Foto: Zentgraf


Auf den Aufsteiger zur Frauen-Bundesliga Torgelower SV Greif warten Weltklasse-Spielerinnen
Torgelow.Die Vereine Mecklenburg-Vorpommerns, die in der 1. Bundesliga spielen, kann man nahezu an einer Hand abzählen. Im Herbst kommen die jungen Schach-Damen des Torgelower SV Greif dazu und sorgen für ein Novum. Noch nie hat ein Frauenteam des Landes den Sprung in die Eliteklasse geschafft. Am Sonnabend wurde die Mannschaft für den Aufstieg vom Verein und der Stadt geehrt. Das anschließende Blitz-Turnier gewannen die Favoritinnen standesgemäß. Unser Redaktionsmitglied Sven Kaiser unterhielt sich mit Norbert Bauer, der als Trainer und Betreuer einen großen Anteil am unerwarteten Erfolg hatte.

Wie wurde ihr Auftritt in der Zweiten Liga verfolgt und welche Reaktionen gab es nach dem Aufstieg im Verein und von außerhalb?
Das Interesse ist mit unseren positiven Resultaten immer größer geworden. Wie wurden dann auch schon mal nach unserem nächsten Heimspiel gefragt. Die einzige Runde in Torgelow war zu diesem Zeitpunkt aber schon gelaufen. Unser Vereinsvorsitzender Eckhard Beck war von dem Anruf durch den Pressesprecher der 1. Schach-Bundesliga aus Hamburg genauso überrascht wie ich, der den entscheidenden Spieltag nur per SMS verfolgen konnte. Vom Schach-Landesverband gab es null Reaktion. Erst als ich in einem nett formulierten Brief nach einer möglichen Unterstützung gefragt habe, regte sich etwas. Für die heutige Ehrung gab es einen kleinen Obolus. Bis unsere Ergebnisse auch auf der Verbands-Homepage veröffentlicht wurden, vergingen immerhin mehr als zwei Jahre.

Ist die Saison für das Abenteuer 1. Bundesliga finanziell abgesichert?
Wir sind natürlich immer für Sponsoren offen. So kann man sich auch bei der Organisation der möglichen Doppelrunde in Torgelow einbringen. Der Verein hat uns aber versichert, dass die fast fünfstellige Summe aufgebracht wird. Wir können einen Kleinbus nutzen, das Benzingeld übernimmt ein privater Sponsor. Das stimmt mich optimistisch.

Wo liegt der gravierende Unterschied zwischen Erster und Zweiter Bundesliga?
Wir machen praktisch den Schritt zum Profi-Schach sind aber Amateure. Wir treffen auf Mannschaften mit Spielerinnen, die Weltklasseniveau verkörpern, so zum Beispiel auf die Schwedin Pia Cramling oder U-18- Weltmeisterin Elisabeth Pähtz.

Sie werden in der kommenden Saison mehr Spiele als bisher, insgesamt elf Vergleiche bestreiten müssen. Sind angesichts ihrer Außenseiterrolle und der Belastungen nicht dringend Verstärkungen nötig?
>Natürlich. Aber wir sind in dieser Frage ziemlich eingeschränkt. Bis zum Ablauf der Meldefrist werden noch Gespräche mit einer oder zwei potenziellen Kandidatinnen geführt. Weitere Polinnen werden uns leider nicht helfen können. Wir dürfen nur zwei Nicht-EU-Ausländer einsetzen. Mit Sylwia Romaszko und Magdalena Kludacz ist dieser Spielraum bereits ausgeschöpft.

Gibt es darüber hinaus Kontakte zu polnischen Vereinen?
Es passiert dort mittlerweile viel im Nachwuchsbereich. Das Interesse von polnischer Seite ist sehr groß. Wir treffen uns einmal im Quartal zu Turnieren. Den Kontakt zu Sylwia und Magdalena haben wir übrigens über den Stettiner Jugendpalast bekommen.

Wie begeistert man junge Leute in der heutigen Zeit für den für manchen eher als langweilig und emotionslos geltenden Schachsport?
Es gibt kein Geheimrezept. Das Entscheidende ist die Wettkampfpraxis. Wer es möchte, wird gefordert. Wir spielen auch große Turniere in Berlin und Hamburg. Ein Ferienlager wird traditionell veranstaltet. Talente bauen wir in die Erwachsenenmannschaften ein. Es gibt eine gute Zusammenarbeit mit dem SAV Torgelow. Und ein bisschen Verrücktsein im positiven Sinne gehört bei meinem Trainerkollegen Steffen Bigalke und mir wohl auch dazu.

aktualisiert am 19.05.03 © Nordkurier-Online 1998-2003